Sagt euch die Theorie des „erweiterten Kunstbegriffs“ etwas? Richtig, mit ihr forderte der Düsseldorfer Künstler Josef Beuys ein allumfassendes Verständnis von Kreativität, das alle Bereiche des Lebens, Arbeitens und Denkens einschließt. Diese Theorie spricht jedem Menschen das Recht zu, gestaltend an der Gesellschaft mitzuwirken. 2021 hätte Beuys seinen 100. Geburtstag gefeiert.
In der noch bis zum 7. August 2022 im Stadtmuseum zu sehenden Ausstellung „Kontext Beuys“ geht es weniger um die Werke des Künstlers, vielmehr beschäftigt sie sich mit seinem Wirken. Zu sehen sind immerhin eine Hand voll kleine, skizzenartige Werke von ihm. Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden Zeitzeugnisse, die in Zusammenhang stehen mit der Auseinandersetzung der Stellung von Beuys als Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Zeugnisse, die sein spannungsreiches Verhältnis zu Düsseldorf widerspiegeln.
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Ausgestellt sind Zeitungsartikel zum öffentlichkeitswirksamen Auftreten von Beuys und seinen Student:innen, Dokumente zur Gründung seiner „Freien Internationalen Universität“ sowie Werke seiner Student:innen
Für den Besucher werden hier die gerichtlichen Auseinandersetzungen um die Stellung des Künstlers an der Kunstakademie bis zum gerichtlichen Vergleich mit dem Wissenschaftsministerium NRW nachvollziehbar gemacht. Als Konsequenz dufte er den Titel des Professors weiter führen, wenngleich ihm das Unterrichten und insbesondere das Zulassen von Student:innen untersagt wurde. Zu den Beuys-Student:innen gehörte Johannes Stüttgen (*1945), der auch Beuys‘ Aktivitäten begleitete und zum Teil fortführte. Stüttgen hat über die Jahrzehnte ein Archiv zu Beuys‘ Wirken angelegt und dem Stadtmuseum übergeben – in Form von Aktenordnern der Jahre 1977 bis 2018. Auch Werke von Stüttgen selbst sind ausgestellt sowie Werke weiterer Beuys-Studenten:innen, wie die YIUP-Gruppe (mit Robert Hartmann und Hans Henin) und Beatrix Sassen.
Ab 1946 lebte Beuys bis zu seinem Tod in Düsseldorf
Er studierte an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Ab 1961 war er dort Professor für Bildhauerei. Hier entwickelte er seine revolutionierende Theorie des „erweiterten Kunstbegriffs“. Die Ausstellung möchte die Ernsthaftigkeit herausstellen, mit der Beuys seinen „erweiterten Kunstbegriff“ in die Praxis übertragen hat, erfahre ich. Das reiche von Wahlaufrufen u.a. für die „Grünen“ über Dokumente zu seinem Einsatz für den „Freien Demokratischen Sozialismus“, die „Organisation für direkte Demokratie“ oder die „,Organisation der Nichtwähler für freie Volksabstimmung“ bis hin zu Überlegungen zur Gestaltung von Steuersystem und Kindergeld.
Ein anderer Teil der Ausstellung richtet den Fokus auf Aspekte der Wirkung Beuys’ auf die heutige Zeit. Dieses Konzept hat das Stadtmuseum anlässlich des Beuys-Jahr 2021 in Zusammenarbeit mit dem Verein Düsseldorf-Palermo e.V. entwickelt.
Mein Eindruck
Sehr gut gefallen hat mir die geschichtliche Darstellung seiner Anstellung als Professor der Kunstakademie Düsseldorf. So kontrovers die Diskussionen um ihn sind und obwohl ich mich mit seiner Kunst etwas schwer tue: Er ist ein bekannter Düsseldorfer Künstler, hat eine beeindruckende Entwicklung ausgelöst, die auch große internationale Beachtung gefunden hat.
Sehr amüsant (und vielleicht mein kleines Highlight) war das Fernsehprogramm aus 1971, das ich auf einem der ausgestellten Zeitungsauschnitte entdeckte: Es gab nur drei Programme. Ja, wirklich! Um 18.40 Uhr kamen Dick und Doof und das Sandmännchen um 19.05 Uhr, damals war es noch das West-Sandmännchen. Und die Tagesschau auch damals schon um 20 Uhr. Hach ja, so ähnlich war das auch noch Jahre später, als ich schon fernsehen durfte! An nur einem Tag Fernsehprogramm kann man doch erstaunlich viel Geschichtliches ablesen!
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Aber: Gefehlt hat mir ein bisschen der rote Faden. Ich habe erst im Laufe der Ausstellung die Idee erahnen und nicht wirklich erkennen können, was zur Sonderausstellung und was zur Sammlung gehört. Vielleicht war das auch nicht so gedacht und aus Sicht des Museums unnötig, aber es hätte Vieles für mich verständlicher gemacht. Auch die Homepage des Museums konnte mir hier nicht wirklich weiterhelfen. Sorry, vielleicht bin ich hier nicht „Beuys-fest“ genug.
Ich empfehle, in der 1. Etage links in dem großen Raum mit den Aktenordnern und Werken von Stüttgen sowie weiteren Beuys Student:innen zu beginnen. Hier erhält man ein bisschen Überblick über den Tenor der Ausstellung und findet auch seine Werke.
Liebe Grüße und bis zum nächsten Sonntag!
Eure Greta Rosa ♥
Update: Wenn Euch die Geschichte der Stadt Düsseldorf interessiert: Am 31.8.2022 habe ich die Sammlung des Stadtmuseums im Rahmen einer Führung besucht. Meinen Artikel dazu findet Ihr HIER.